Geschichte

Kurzfassung

Der heutige Verein „Roßmäßler–Vivarium 1906“ ging aus zwei traditionsreichen Vereinen für Aquarien- und Terrarienkunde der Stadt Halle hervor, die interessanterweise bis zu ihrer 1945 vollzogenen Vereinigung weit über drei Jahrzehnte weitgehend getrennte Wege verfolgten. Innerhalb der Stadt Halle gab es im vergangenen Jahrhundert mehrere Vereine, die sich teilweise schon nach kurzer Zeit auflösten, unter anderen Namen weiter existierten oder sich mit anderen Vereinen zusammenschlossen.

Die Halleschen Aquarien- und Terrarienvereine von 1902 bis heute:
Daphnia - Verein für Aquarien- und Terrarienfreunde 1902-1921
Alter Hallescher Verein für Aquarien - und Terrarienfreunde1921-1939
Roßmäßler - Verein für Aquarien - und Terrarienliebhaber1906-1940
Wasserrose - Hallescher Verein für Aquarien - und Terrarienfreunde1908-1911
Hallescher Verein für Aquarien - und Terrarienliebhaber1909-1911?
Vivarium - Verein für Aquarien - und Terrarienfreunde1911-1940
Stammtisch Naturfreunde1914 - 1917?
Nitella1926-1931
Vereinigte Aquarien - und Terrarienfreunde "Roßmäßler-Vivarium" beim Volksbildungsamt des Magistrates der Stadt Halle1945-1969
Arbeitskreis "Aquarien - und Terrarienfreunde" im Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands1970-1982
Fachgruppe für Aquarien - und Terrarienfreunde im Kulturbund der DDR1982-1990
Aquaristik- Betriebsfachgruppe im VEB Kaffee Halle1970-1990
"Roßmäßler-Vivarium 1906" Verein für Aquarien-und Terrarienfreundeseit 1990
Aquarienverein Halle-Neustadtseit 1968

In den zwanziger und dreißiger Jahren bestand in Halle durchaus eine echte Konkurrenzsituation in der organisierten Vivaristik, da neben diesen Vereinen zeitweise noch weitere Vereinigungen um die Gunst von interessierten Aquarianern geworben haben. Allerdings ohne längerfristige Erfolge, so dass die demographischen Auswirkungen des 2. Weltkrieges noch in den Kriegsjahren zum Aufgehen des Restes des Vereins "Daphnia" in den Verein "Vivarium" führte. Eine ebenfalls durchaus angestrebte Vereinigung mit dem Verein "Roßmäßler" erfolgte vor Ablauf des Krieges nicht, da sich dessen Mitglieder selbstbewusst genug fühlten, um ihren Weg eigenständig weiterzugehen.
Der 1906 gegründete und recht bodenständige „Roßmäßler“ entwickelte sich nach und nach zum Verein der „kleinen Leute“ und legte sich 1922 sogar die Bezeichnung „Arbeiterverein“ zu. Als solcher war er 1923 nicht nur aktiv an der Gründung der „Interessen-Gemeinschaft Deutscher Arbeiter-Aquarien- und Terrarienvereine“ (IG) beteiligt, sondern erfüllte diese maßgeblich mit Leben. Nachdem diese IG schon 1929/30 auf Grund innerer Widersprüche zerbrach, kehrte der „Roßmäßler“ zu seiner Bodenständigkeit zurück.
Einen ganz anderen Weg beschritt der 1911 gegründete Verein „Vivarium“, der durch spektakuläre Ausstellungen, rege Publikationstätigkeit und weitere Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit auf sich aufmerksam machte. Dieser progressive Verein zählte zu den ersten Mitgliedern des „Verbandes Deutscher Vereine für Aquarien- und Terrarienkunde“ (VDA) und übte insbesondere in den 20er Jahren einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Vivaristik aus. Hier gab es sogar erste Kartierungen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, heute als „Rote Listen“ geläufig. Hervorzuheben ist vor allem der erfolgreiche Aufbau der VDA-Lichtbildstelle.

Nach Überwindung der faschistischen Diktatur und dem Ende des 2. Weltkrieges fanden sich während der sowjetische Besatzungsmacht beide Vereine schon 1945 zusammen. Die sowjetische Militäradministration gestattete nach dem Zusammenbruch des Hitler- Reiches zwar dem Verein "Roßmäßler" bereits Ende 1945 seine Veranstaltungen wieder, einen zweiten Verein sah man jedoch nicht als notwendig an. Die zuständigen Offiziere kannten sicher nur einheitliche Organisationen für solche kulturellen Dinge. Damit war der Zusammenschluss - wenn auch unfreiwillig - nun doch notwendig geworden, um allen Freunden der Aquarien-und Terrarienkunde in Halle eine organisatorische Heimstatt bieten zu können. Man nannte sich Vereinigte Aquarien-und Terrarienfreunde "Roßmäßler - Vivarium". Interessanterweise war man verwaltungsmäßig dem Volksbildungsamt bei Magistrat der späteren Landeshauptstadt Halle (Saale) angeschlossen, einer Organisationsform, die den Gedanken eines EMIL ADOLPH ROSSMÄSSLER sehr nahe gestanden hätte.
Noch vor Gründung der DDR wurde durch eine Verordnung der Deutschen Wirtschaftskommission verfügt, die vor ihrem Erlass (12.01.1949) und Veröffentlichung (10.02.1949) rückwirkend zum 01.01.1949 in Kraft gesetzt wurde, dass die volkskünstlerischen und volksbildenden Vereine den unter Kontrolle der SED stehenden Massenorganisation anzuschließen sind. Die Aquarien-und Terrarienfreunde kamen ohne einen demokratischen Akt in eine Organisation, die ihrem Namen nach zumindest dieser Vorgehensweise eigentlich widersprechen musste - dem "Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands". Als Fachgruppe im Bereich der dann zuerst gebildeten Kommission "Natur und Heimat" musste man sich erst einmal mit den neuen organisatorischen Gegebenheiten arrangieren.
Nunmehr zur „Fachgruppe“ mutiert, ging zwar die Selbständigkeit verloren, keineswegs aber das fachliche Profil. Der Erhaltung einmal importierter Arten durch kontinuierliche Nachzucht sowie der Arbeit mit einem vergleichsweise geringen Artenspektrum förderte eine äußerst intensive Beschäftigung mit der Vivaristik. Dabei gingen gerade von dem Halle’schen Verein („Fachgruppe“) vielfältige Aktivitäten aus, die trotz der politisch verordneten Isolation weit über die Grenzen der DRR ausstrahlten. Aquarien- und Terrarienfreunde aus Halle bestimmten das fachliche Profil sowohl in den Gremien der DDR-Vivaristik und im Redaktionsbeirat der Fachzeitschrift „Aquarien-Terrarien“ als auch durch intensive Zucht-, Publikations- und Vortragstätigkeit mit.

Die wieder gewonnene Freiheit nach dem Zusammenbruch der DDR ermöglichte nun die Fortführung der langen vivaristischen Traditionen im Verein „Roßmäßler- Vivarium 1906“. Wieder gingen von Mitgliedern dieses Vereins die Initiativen aus, welche zur Wiedergründung des VDA-Bezirkes 04 „Saale“ und zur Rückkehr in die große Dachorganisation der Aquarianer und Terrarianer Deutschlands, den VDA, führten. Der Bezirksvorsitzende wurde viele Jahre von unserem Verein gestellt. Kein Wunder, wenn auf dem ersten gesamtdeutschen Kongress 1991 in Dachau ein Mitglied unseres Vereines als Vortragender zu finden war. So war es auch zu erwarten, dass auch ein Vereinsmitglied zentrale Aufgaben im VDA übernahm. Zwar ist der Verein derzeitig kleiner als früher, seine Aktivitäten sind ungebrochen. Mehrere Fachbücher und über 800 Publikationen in der vivaristischen Fachliteratur stammen aus der Feder von Mitgliedern dieses Vereins bzw. seiner Vorläufer. Nach wie vor sind Referenten des „Roßmäßler- Vivarium“ sehr gefragt. Eine reichhaltige Vereinsbibliothek ist diesen Tätigkeiten förderlich. Die veränderten Verhältnisse erschlossen letztlich auch neue Möglichkeiten. Fang- und Forschungsreisen einzelner Mitglieder nach Mexiko, Kuba, Sri Lanka, Costa Rica, Vietnam, Peru oder Venezuela führten nicht nur zu neuen Erkenntnissen, sondern auch zum Import aquaristisch neuer Arten.

Die Zukunft? Auch dazu gibt es im Verein natürlich Vorstellungen. Helfen Sie doch ganz einfach mit, diese umzusetzen!

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